Ich fühle mich fremd unter Menschen, die sich fremd in dem Land fühlen, aus dem ich herkomme. Nach der Willkommensveranstaltung meiner Residenz stellt mich die Ehrenamtskoordinatorin der Gemeinschaftsunterkunft glücklicherweise direkt zwei jungen Männern aus Syrien und Guinea vor, die am darauffolgenden Tag dann auch die einzigen beiden sind, die das Gespräch mit mir suchen. Sie berichten, dass es in einer Unterkunft mit fast 500 Bewohner*innen manchmal schwerfällt, den ersten Schritt zu machen und neue Menschen aus anderen Kulturen kennenzulernen. Ich stehe mit meinen 2,5 gelernten Sprachen einer großen Sprachbarriere gegenüber. Es gibt hier Menschen, die mindestens 8 verschiedene Sprachen sprechen und aus umso mehr unterschiedlichen Kulturen kommen. Meine beiden Gesprächspartner freuen sich ihr Deutsch mit mir zu üben und weichen ab und zu auf Englisch aus oder benutzen eine Übersetzungs-App. Viele Menschen werden sich wohl nicht so mit mir unterhalten werden oder können es auch erst gar nicht. Gerade einige Russisch-sprachige Menschen lächeln oft freundlich aber geben auch zu verstehen, dass sie mir nicht viel zu erzählen haben. Das Bedürfnis nach Austausch scheint aber doch eine wesentliche Gemeinsamkeit vor Ort zu sein. Auch wenn das bedeutet, dass man nur die Hände mancher Bewohner*innen sieht, die sich inklusive Smartphones aus ihren Fenstern nach drausßen recken, um Empfang zu haben. Ohne Internet sei es schwer sich an einem neuen Ort zurechtzufinden und das neue Leben zu planen, wird mir erzählt. Da es in der Gemeinschaftsunterkunft seit Monaten Probleme mit dem Internet gibt, habe ich den Gast-Zugang meiner 5G Mobilfunkbox für alle Bewohner*innen freigeschaltet. Auch wenn das bedeutet, dass sich spät abends eine Gruppe von Russisch-sprechenden Teenagern um meinen Wohnwagen gesellt und lachend laute Musikvideos schaut. Der gemeinschaftliche Dorfplatz wandert auf jeden Fall immer mehr zu mir.